Der Neid bringt uns nicht weiter

Ein Interview aus dem Magazin Ich.Mach.Schön.

In ihrem Salon 179 geht Julia Soraperra neue Wege, und das nicht nur, was Haarschneidtechniken und Serviceangebote angeht. Die junge Unternehmerin arbeitet bei Arbeitsspitzen salonübergreifend mit anderen Friseurinnen und Friseuren zusammen und hilft auch selbst in den Salons anderer Betriebe aus, wenn Not am Mann oder der Frau ist.

Sie führen einen Salon mit zwei Mitarbeiterinnen und einem Lehrling in Mieming. Was sind derzeit für Sie die größten Herausforderungen für junge Unternehmer:innen in der Friseurbranche?

Julia Soraperra: Aktuell ist es als junge Unternehmerin wirklich eine Herausforderung, nicht in ein Burnout zu rutschen. Man möchte es allen recht machen: den Mitarbeitern, den Kunden und dann noch die Anforderungen von Social Media. Es ist ein 24/7-Job. Besonders als Selbstständige fühlt man das. Die sogenannte Work-Life-Balance ist oft mehr Theorie als Praxis, gerade für uns Chefinnen. Wir müssen darauf achten, dass unser Unternehmen so läuft, dass wir trotz weniger Stunden unseren Mitarbeitern einen guten Lohn zahlen können. Das Risiko, in ein Burnout zu geraten, ist gerade für junge Frauen wie mich, die überdurchschnittlich viel arbeiten, sehr hoch, vor allem in der Anfangsphase.

Vor kurzem kam es zu einer kurzfristigen Zusammenarbeit mit Jeanine Lutz, Friseurmeisterin mit einem Salon in Thaur, die Ihnen dabei half, eine große Hochzeitsgesellschaft zu stylen. Wie kam es dazu?

Die Zusammenarbeit mit Jeanine war super. Ich habe das auch schon mit anderen Friseurinnen gemacht. Wir haben so viele Anfragen für Hochzeiten, dass ich das mit meinem Team alleine nicht stemmen kann. Es ist wirklich cool, wenn viele Friseurinnen an einem Tag zusammenarbeiten und eine ganze Hochzeitsgesellschaft stylen. Das ist eine Win-Win-Situation für alle. Wir tauschen uns offen aus und teilen verschiedene Erfahrungen. Ich rufe auch oft bei bekannten Salons an und frage um Rat. Jeder hat mir bisher weitergeholfen. Ich finde, wir sollten alle zusammenarbeiten. Nicht jeder ist dafür offen, aber der gegenseitige Neid bringt uns nicht weiter. Die Zeiten haben sich geändert, es gibt viel zu tun und zu wenige Friseur:innen. Deshalb finde ich es toll, wenn andere Friseure in meinem Salon aushelfen oder ich bei anderen aushelfen kann. Wir planen auch schon gemeinsame Schulungen und Events, denn wir sind ja alle sehr kreativ.

Wären solche salonübergreifenden Kooperationen für Sie ein Zukunftsmodell, mit dem man dem Fachkräftemangel etwas entschärfen und Auslastungsspitzen gemeinsam bewältigen kann?

Ich denke, bevor jeder seinen eigenen Salon hat und als Einzelkämpfer agiert, wäre es sinnvoller, sich irgendwie zusammenzutun. Ich habe mir schon ab und zu Friseurinnen von anderen Salons ausgeliehen, wenn bei mir viel los war, und das war auch für die Friseurinnen eine tolle Erfahrung. Aber ob das die Lösung für den Fachkräftemangel ist, weiß ich nicht.

Sie bieten eine breite Palette von Services an und sind selbst auch Make-up-Artistin. Was braucht es heutzutage, um sich gegen Mitbewerber durchzusetzen und als Friseurunternehmerin erfolgreich zu sein?

Genau, ich bin ausgebildete Make-up-Artistin, habe die Ausbildung aber hauptsächlich aus eigenem Interesse gemacht. In unserem Beruf kann jeder sich selbst entfalten und weiterbilden. Wir heben uns mit speziellen Angeboten wie Eishaarversiegelung, heißer Schere und Calligraphy Cut hervor. Das macht den Friseurbesuch zu etwas Besonderem und macht nicht nur den Kunden, sondern auch uns große Freude. Ich glaube, die Vielfältigkeit ist entscheidend.

Was sind Ihre Ziele für die nächsten fünf Jahre? Wie möchten Sie sich selbst und Ihren Salon weiterentwickeln?

Ich mache meine Pläne nicht zu weit im Voraus, da sich alles schnell ändern kann. Ich glaube auch, dass man sich ständig ändert und die Zeit rennt. Wo ich mit meinem Team in fünf Jahren stehe, weiß ich nicht, aber ich bin mir sicher, es wird toll.